EU-Zölle auf Elektroautos aus China + Ukraine-China + Arbeitsmarkt
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China droht nach EU-Zöllen auf Elektroautos mit Vergeltung
Nur wenige Tage nach den Wahlen zum Europäischen Parlament hat die EU im Streit um wettbewerbsverzerrende Subventionen chinesischer E-Autos Entschlossenheit gegenüber China demonstriert. Trotz Warnungen vor wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen schlug die Kommission neue Einfuhrzölle auf chinesische Elektrofahrzeuge vor. Die Zölle würden 17,4 Prozent für BYD-Fahrzeuge, 20 Prozent für Geely und 38,1 Prozent für SAIC betragen. Der aktuelle Zollsatz liegt bei zehn Prozent. Für weitere Unternehmen, die bei der Untersuchung kooperiert haben, soll die Abgabe bei 21 Prozent liegen, bei jenen, die nicht kooperierten, bei 38,1 Prozent. Der Spitzensatz liegt damit deutlich höher als die erwarteten 25 Prozent.
Die Prüfung zu chinesischen E-Autos ist die bisher größte Subventionsuntersuchung Brüssels. Das Ergebnis kann durchaus als Erfolg für die scheidende Kommission unter Ursula von der Leyen gewertet werden. Sie hat Werkzeuge entwickelt, mit denen die EU Wettbewerbsverzerrungen durch Chinas staatlich dominiertes Wirtschaftsmodell begegnen kann. Diese Instrumente setzte Brüssel auch bereits bei Medizinprodukten, Lebensmittelzusatzstoffen, Stahlrohren und Sicherheitsscannern ein. Die vorgeschlagenen Strafzölle für chinesische E-Autos sollen vorläufig bis November gelten. Danach kann die neue Kommission – möglicherweise wieder unter Ursula von der Leyen – die Abgaben endgültig beschließen. Hierfür benötigt sie die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Mitgliedstaaten.
Chinas Handelsminister Wang Wentao warnte in den vergangenen Wochen Berichten zufolge den EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis, Beijing werde als Antwort auf eine Zollentscheidung gegen E-Autos aus China höhere Einfuhrzölle auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Luft- und Raumfahrtprodukte erheben. Chinas parteistaatliche Medien nannten zudem europäische Automobilexporte nach China als mögliches Ziel von Vergeltungsmaßnahmen.
Laut einer MERICS-internen Analyse könnten Produkte aus den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittel und Getränke (AFB) am ehesten von chinesischen Auflagen betroffen sein. Am größten ist die Wahrscheinlichkeit bei europäischem Schweinefleisch und Milchprodukten. Chinas Schweinefleischindustrie, die sich inzwischen von der Afrikanischen Schweinepest erholt hat, würde von einer Verringerung der Importe und höheren Preisen profitieren. Zugleich würden europäische Staaten, die Fleisch nach China exportieren, gegen andere Mitgliedsstaaten ausgespielt werden. Molkereiprodukte wie Käse sind ebenfalls ein leichtes Ziel, und Beijing hat Spanien und Frankreich ins Visier genommen, wichtige Exporteure von Schweinefleisch und Molkereiprodukten. Beide Länder hatten die Subventionsprüfung der Kommission unterstützt.
Eher weniger betroffen von chinesischen Vergeltungsmaßnahmen dürften Hightech-Bereiche wie die Luft- und Raumfahrtindustrie sein. Beijing hat angedeutet, dass Zölle auf EU-Automobilexporte nach China von derzeit 15 auf wie zuvor 25 Prozent angehoben werden könnten. Seit der Zollsenkung vor sechs Jahren hat Europa immer weniger Autos nach China exportiert, das Volumen ging um 40 Prozent zurück. Europäische Autobauer haben die Produktion billigerer Modelle nach China verlagert, so dass vor allem die Exporte hochpreisiger Modelle betroffen sind.
In der Luft- und Raumfahrt könnten Gespräche mit Airbus über den Kauf von 100 Jets durch China abgebrochen werden, der Schaden für Airbus wäre mit Blick auf das Gesamtvolumen an Aufträgen, derzeit 8.500 weltweit - begrenzt. Profitieren von einer Bestrafung von Airbus würde der US-Hersteller Boeing. Chinas Fluggesellschaften könnten dann dort bestellen, da der chinesische Flugzeugbauer COMAC immer noch ein kleiner Akteur ist.
MERICS-Analyse: „Beijing wird keine EU-Produkte mit Zöllen belegen, die es noch braucht”, sagt MERICS-Experte Jacob Gunter. ”Dazu zählen Maschinen, hochwertige Industriegüter, Chemikalien, Medizintechnik und andere Produkte. Es dürfte auch nicht auf die großen europäischen Automobilhersteller abzielen, die massiv in China investieren, Arbeitsplätze schaffen, Steuern zahlen und zum Wachstum beitragen. Ins Visier geraten dürften Agrar-, Lebensmittel- und Getränkeprodukte, auf die Chinas Verbraucher verzichten können oder die Chinas Produzenten selbst in ausreichender Menge herstellen, wie zum Beispiel Schweinefleisch."
Medienberichte und Quellen:
Metrix
35.5.
Der 35. Mai ist in Festlandchina und Hongkong ein Code für den 4. Juni. Auf dieses politisch heikle Datum fielen in diesem Jahr zwei Jahrestage. Vor 35 Jahren hatte Beijing die Proteste rund um den Platz des Himmlischen Friedens gewaltsam niedergeschlagen. Vor fünf Jahren fanden die größten Demokratieproteste in Hongkong statt, bevor das Sicherheitsgesetz derartigen Unmutsbekundungen ein Ende bereitete. Auch in diesem Jahr riskierten alle, die öffentlich an die Ereignisse erinnerten, eine Haftstrafe. Sechs Personen, darunter eine ehemalige Organisatorin von Gedenkveranstaltungen, wurden wegen Beiträgen in den Sozialen Medien angeklagt, Hass gegen die Regierung geschürt zu haben. Eine Buchhandlung, an deren Schaufenster das Datum „35. Mai“ zu lesen war, erhielt Polizeibesuch. (Quelle: NPR)
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Ukraine will China bei Friedensgipfel dabeihaben
Die Fakten: In wenigen Tagen findet der von der Ukraine initiierte internationale Friedensgipfel in der Schweiz statt. China hat seine Teilnahme trotz wiederholter Bemühungen der Ukraine, Beijing zu den Verhandlungen hinzuzuziehen abgesagt. Außenminister Andriy Sybiha traf am 5. Juni in Beijing den stellvertretenden chinesischen Außenminister Sun Weidong. Wenige Tage zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj China vorgeworfen, unter dem Einfluss Russlands den Friedensgipfel zu sabotieren und die russische Kriegswirtschaft zu unterstützen. Das Treffen am 15. und 16. Juni ist bereits der fünfte Friedensgipfel seit Juni 2023.
Der Blick nach vorn: Bei dem Treffen in der Schweiz hofft Selenskyj auf breite Unterstützung für seine Vorschläge zur Beendigung des Krieges. Doch die Absagen aus Südafrika, Brasilien, Saudi-Arabien und Pakistan schwächten die Bedeutung des Gipfels bereits im Vorfeld. Wenn China nun ebenfalls nicht teilnimmt, sind entscheidende Fortschritte unwahrscheinlich.
MERICS-Analyse: „Kiew hat in letzter Minute seinen Außenminister nach Beijing entsendet, um dort für die Friedenskonferenz zu werben. Das zeigt, wie zentral China aus Sicht der Ukraine für eine Verhandlungslösung ist“, sagt MERICS-Expertin Eva Seiwert. “Selenskyj betonte gegenüber Beijing die gemeinsamen Interessen, darunter die nukleare Sicherheit und Ernährungssicherheit. Doch sein rhetorischer Ausbruch ist Ausdruck einer wachsenden Frustration darüber, dass China Russland weiterhin unterstützt.”
Medienberichte und Quellen:
- NPR: Zelenskyy accuses China of helping Russia undermine peace summit
- Reuters: Ukrainian official in Beijing urges China to attend peace summit
- Chinese Ministry of Foreign Affairs (CN): 外交部副部长孙卫东同乌克兰第一副外长瑟比加举行中乌外交部磋商 (Vice Foreign Minister Sun Weidong and Ukrainian First Deputy Foreign Minister Sybiha hold consultations between the Chinese and Ukrainian Foreign Ministries)
- Chinese Ministry of Foreign Affairs (EN): Common understandings between China and Brazil on political settlement of the Ukraine crisis
- Peking University (CN): 中华人民共和国和乌克兰友好合作条约 (Treaty of Friendship and Cooperation between the People’s Republic of China and Ukraine)
Xis Wirtschaftsmodell vergrößert Kluft zwischen Uniabsolventen und Jobmarkt
Die Fakten: Für Universitäts-Absolventen in China wird es immer schwieriger, nach dem Studium eine ihren Qualifikationen entsprechende Anstellung zu finden. Eine Rekordzahl von 13,4 Millionen Schülern hat am 7. Juni die Uni-Zulassungsprüfung „Gaokao“ absolviert, eine halbe Million mehr als im Jahr davor. Sie werden sich auf einem harten Arbeitsmarkt behaupten müssen: 2023 fand jeder fünfte Universitätsabsolvent keinen Job. In diesem Jahr werden 11,79 Millionen junge Chinesinnen und Chinesen auf den Arbeitsmarkt strömen und sich für Stellen im öffentlichen Dienst, in der Technologie-Branche oder im Dienstleistungssektor bewerben. Ein Teil von ihnen könnte in klassischen Arbeiterberufen landen, die bei Bewerbern unter 25 seit 2019 einen Anstieg von 165 Prozent verzeichneten.
Der Blick nach vorn: Xi Jinping hat die strukturellen Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu einer politischen Priorität erklärt. Er empfiehlt Jobeinsteigern allerdings, ihre Ansprüche herunterzuschrauben und setzt darauf, dass ein Teil von ihnen in ihre Herkunftsorte zurückkehrt und einen Beitrag zur Entwicklung ländlicher Regionen leistet. Junge Menschen nehmen wegen des angespannten Arbeitsmarkts und niedrigeren Löhnen oft Jobs über digitale Plattformen an, zum Teil auch neben einem Vollzeitjob.
MERICS-Analyse: „Chinas Wirtschaftspolitik fördert vor allem ausgewählte Sektoren von strategischer Bedeutung. Dabei bleibt es eine Herausforderung, hochqualifizierten jüngeren Generationen stabile Karriereaussichten zu bieten“, sagt Katja Drinhausen, Leiterin des Programms Innenpolitik und Gesellschaft bei MERICS. „Wenn Chinas Führung unter Xi Jinping es nicht schafft, die Wirtschaft stärker anzukurbeln und eine Dienstleistungs- und Wissensökonomie aufzubauen, könnte das die Zukunftsaussichten einer aufstrebenden Mittelklasse trüben.“
Medienberichte und Quellen:
- Caixin Global: Record number sit college entrance exam amid vocational education drive
- Caixin Global: Charts of the day: China’s youth unemployment hits another record high at 21.3%
- SCMP: China’s college graduates to hit record high 11.79 million in 2024, adding to job market pressure
- Xinhua (CN): 2024届高校毕业生规模预计达1179万人 (11.79 million graduates are expected to enter the labor market in 2024 according to the Ministry of Human Resources and Social Security)
- Qiushi (CN): 习近平在中共中央政治局第十四次集体学习时强调 促进高质量充分就业 不断增强广大劳动者的获得感幸福感安全感
- Caixin Global: Blue-collar work surges in popularity among China’s young job seekers
Chinas neue Exportkontrollen werden EU-Sanktionen wegen Chinas Unterstützung Russlands nicht verhindern können
Die Fakten: In den USA und verbündeten Ländern herrscht weiterhin Unmut darüber, dass China Russland unterstützt, westliche Sanktionen zu umgehen. Beijing kündigte nun Exportkontrollen für Luftfahrt- und Schifffahrt-Ausrüstung an, darunter auch Materialien für kugelsichere Helme und Rüstung. Es stellt die Ausfuhrbeschränkungen dar als Bekenntnis zum internationalen Recht und zur Nichtverbreitung von Waffentechnologien, offenbar in dem Bemühen, eine Ausweitung der EU-Sanktionen auf weitere chinesische Firmen zu verhindern. China kritisiert die Exportbeschränkungen der USA für bestimmte Produkte, die es benötigt. Im Gegenzug hat es selbst Exportkontrollen für die Rohstoffe Gallium, Germanium und Graphit sowie Drohnen verhängt.
Der Blick nach vorn: US-Außenminister Antony Blinken hat weitere Sanktionen gegen chinesische Akteure angedroht, die Ausrüstung mit potenziell militärischem Nutzen nach Russland exportieren. Die EU diskutiert Berichten zufolge ähnliche Maßnahmen als Teil des geplanten 14. Sanktionspakets. Obwohl Beijing sich als verantwortungsvoller internationaler Akteur präsentiert, kann es neue Sanktionen wahrscheinlich nicht abwenden. Länder wie die USA, Deutschland oder Frankreich sind die wichtigsten Abnehmer der Produkte, deren Ausfuhr China nun beschränkt. Zudem hält Beijing an seiner Unterstützung für Russland fest. Unter diesen Umständen dürften die USA und EU nicht von weiteren Sanktionen absehen.
MERICS-Analyse: „China weitet seine Exportkontrollen aus, um sein Bekenntnis zur Nichtverbreitung zu untermauern“, sagt MERICS-Expertin Antonia Hmaidi. „Doch Chinas anhaltende Exporte nach Russland schaden seiner Glaubwürdigkeit als verantwortungsvoller globaler Akteur. “
Medienberichte und Quellen:
- Chinese Ministry of Commerce (CN): 商务部 海关总署 中央军委装备发展部公告2024年第21号 关于对有关物项实施出口管制的公告 (General Administration of Customs and Central Military Commission’s Equipment Development Department announce export controls on dual-use goods and equipment)
- SCMP: Could China’s new export controls on military-related tech and materials backfire?
MERICS China Digest
Der chinesische Ökostromanbieter GCL Technology kündigte Pläne an, in den Vereinigten Arabischen Emiraten seine erste ausländische Produktionsstätte für granulares Silizium errichten zu wollen. Das Unternehmen erwartet, dass sich die Anlage zum weltweit größten Forschungs-, Entwicklungs- und Produktionsstandort für hochwertiges Polysilizium entwickeln wird. (4.6.2024)
Messerangriff auf vier US- Lehrer während eines China-Besuchs (The Guardian)
Vier Hochschullehrer aus den USA wurden in einem Park in der Provinz Jilin im Nordosten Chinas von einem chinesischen Staatsbürger niedergestochen. Beijing hatte erst kürzlich Pläne verkündet, den bilateralen Austausch wieder intensivieren zu wollen. (11.06.2024)
Staatliche Subventionen helfen Chinas Elektroautoherstellern (South China Morning Post)
Beijing wird Käufern von Elektroautos im Austausch gegen ihre Benziner bis Ende des Jahres einen Zuschuss von 1.380 USD gewähren. Um bis zu zwei Millionen E-Autos soll das Subventionsprogramm die Verkäufe 2024 steigern und damit die Elektrifizierung von Chinas Autoindustrie weiter beschleunigen. (10.06.2024)